Wissenschaftliche Begleitung von der Idee zur Innovation: Line Traction 3 (LT3)

Eine Technologie entsteht – aus der Praxis in die Forschung
Die Antriebstechnik „Line Traction 3“ (LT3) ist ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft. Die Idee und das Patent stammen von Werner Müller, Inhaber der Müller Landmaschinen GmbH aus Bonndorf. Mit dem Ziel, die Antriebstechnik mobiler Arbeitsmaschinen grundlegend zu verbessern, wandte sich Herr Müller vor über zehn Jahren an unser Institut – mit einer Vision, die wir seither intensiv wissenschaftlich begleitet haben.

Die Idee
Im Zentrum steht ein hydraulisch regelbares Überlagerungsgetriebe, das klassische Differenziale ersetzt und eine radindividuelle Steuerung von Drehmoment und Drehzahl ermöglicht. Damit kann das System mit jedem Zentralantrieb unabhängig von dessen Antriebstechnologie (Verbrennungsmotor, batterieelektrischer Antrieb, …) die Kraft optimal auf den Boden bringen. Vorteile für Anwender sind ein breiteres Einsatzspektrum der Maschine, mehr Sicherheit durch höhere Spurtreue und gesteigerte Traktion sowie eine deutliche Entlastung des Bedieners durch den automatisierten Antriebsstrang.

Von der Idee zur Innovation
In einem mehrjährigen Forschungsprozess wurde die LT3-Technologie von der theoretischen Idee über Simulationen und Versuche mit Prototypen bis hin zur Vorserienreife wissenschaftlich begleitet. Die Forschungsarbeiten wurden durch unsere leistungsfähige Infrastruktur unterstützt, darunter ein speziell ausgestattetes Antriebssystemprüffeld sowie ein Allrad-Akustik-Rollenprüfstand, welche realitätsnahe Versuche unter variablen Einsatzbedingungen erlauben. Die Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung fließen nun durch die Kooperation der Müller Landmaschinen GmbH mit dem Fahrzeughersteller Aebi Schmidt auch erstmals in ein Produkt ein. Wissenschaftliche Methoden und Expertenwissen sowie die enge Verzahnung von Theorie und Praxis machten aus der Idee so eine Innovation.

Forschungsprojekte im Umfeld von LT3
Während der wissenschaftlichen Begleitung kamen immer wieder neue bisher unbeantwortete Fragestellungen auf, aus denen mehrere eigenständige Forschungsprojekte entstanden:

Im ersten Projekt ging es darum die Idee mittels wissenschaftlicher Methoden, Simulation und einemphysikalischen Prototyp zu verifizieren. Es galt herauszufinden ob das Funktionsprinzip der Idee LT3 funktioniert, regelbar ist und wie es in mobilen Arbeitsmaschinen eingesetzt werden kann. Im Projekt konnte eine stufenlose Regelbarkeit anhand eines Demonstrators in aufgelöster Bauweisebestätigt werden. Es wurde großes Potential für den Einsatz in mobilen Arbeitsmaschinen festgestellt.
Das Projekt EeHsmA baut direkt auf der LT3-Technologie auf und erweitert sie um eine intelligente Regelung der Hydrostatik. Ziel war die Optimierung des Bauraums und die Erhöhung des Systemdrucks bis 60 MPa, um die Leistungsfähigkeit und Flexibilität des Antriebs zu steigern und das System an die Anforderungen mobiler Arbeitsmaschinen anzupassen. Die Wirksamkeit dieser Erweiterung wurde erfolgreich anhand eines HiL-Prototyps demonstriert.
Das Projekt Peak Compensator zielte darauf ab, externe Belastungsspitzen im Antriebsstrang frühzeitig zu erkennen und aktiv zu neutralisieren, bevor sie Schäden verursachen. Durch eine Kombination aus Sensorik, Echtzeitsteuerung und radnaher Aktorik wird das System in die Lage versetzt, zwischen normalen Drehmomentanforderungen und kritischen externen Belastungsspitzen zu unterscheiden und diese zu neutralisieren. Komponenten werden so geringer beansprucht und können kleiner dimensioniert werden, gleichzeitig verbessert sich die Fahrdynamik.
Das Projekt Brake Compensator widmete sich der Erforschung eines intelligenten Allrad-Bremssystems für Hanggeräteträger mit variablen Lenkungsarten. Ziel war es, die Bremskraft individuell auf jedes Rad abzustimmen, um insbesondere beim Bremsen auf steilen Hängen die Fahrstabilität zu erhöhen und Flurschäden zu vermeiden. Durch die differenzdrehzahlgeregelte Verzögerung verbessert sich die Geländegängigkeit, Spurtreue und Sicherheit deutlich. Ein Versuchsträger bestätigte die Leistungsfähigkeit des Systems sowohl auf dem Prüfstand als auch im realen Einsatz.

Forschung trifft Industrie
Die enge Verzahnung von universitärer Forschung und industrieller Entwicklung – unterstützt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – hat eine zukunftsweisende Antriebslösung hervorgebracht, die das Potenzial hat, den Markt für mobile Arbeitsmaschinen nachhaltig zu verändern. Die LT3-Technologie wird heute von Müller Landmaschinen gemeinsam mit Aebi Schmidt zur Marktreife gebracht.

Ausgezeichnet mit dem „Innovation Award AGRITECHNICA“ 2025 in Gold
Die LT3-Technologie wurde unter zahlreichen internationalen Einsendungen mit dem Innovation Award AGRITECHNICA 2025 in Gold ausgezeichnet – eine der renommiertesten Auszeichnungen der Agrarbranche. Der Preis würdigt praxisrelevante technische Neuerungen und unterstreicht die Bedeutung moderner Landtechnik für die Zukunft der Landwirtschaft. Die Entscheidung traf eine unabhängige Expertenkommission der DLG nach intensiver Prüfung und Diskussion.

Mehr zur Technologie und ihren Anwendungsmöglichkeiten erfahren Sie auf der AGRITECHNICA 2025 in Halle 02 am Stand 02F38, sowie auf der Webseite:
Mehr Infos zum System der Firma Müller Landmaschinen GmbH.

Veröffentlichungen